Science Fiction, Debatten, Spekulationen
Vom 18.10. bis 25.10.2024
Vor gut 200 Jahren entwickelte sich irgendwo in der Phantastik ein Genre, welches begann die Widersprüche bewegter Zeiten zwischen Revolution und Regression, zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen Mensch und Technik, zwischen Aufklärung und Glauben sowie die Auswirkungen einer sich stark verändernden Produktionsweise, ästhetisch zu bearbeiten, in Form zu bringen und weiterzudenken. Heute hat sich daraus eine inhalts- und formstarke spekulative Kunst entfaltet, die die Fähigkeit besitzt, komplexe Themenlagen zu verhandeln, grundsätzliche Fragen zu bearbeiten, Welten zu denken und zu erschaffen – die Science Fiction. Mit einem kleinen Symposion/Festival wollen wir zum einem diesem Genre einen Raum bieten, der abseits der üblichen kulturindustriellen Vereinnahmungen, uns einen Einblick in diese spekulative Kunst schafft, uns aber auch auf aktuelle gesellschaftliche und theoretische Debatten einlassen, bei denen Fragen in Bezug auf Technik, Wissen, Fortschritt, Sozialismus, Plan und Co bewusst als Themen gesetzt werden. Das Zusammentreffen ist weder als Fachmesse noch Kostümball gedacht. Vielmehr laden wir in Zeiten, in denen der Einzelne oft überfordert den gesellschaftlichen Verhältnissen und technischen Entwicklungen ausgesetzt ist, ein, gemeinsam um das Themenfeld Wirklichkeit und Möglichkeit zu spekulieren. In der Planstelle lassen wir Debatte, Kunst und Theorie zusammenlaufen. Vergnügungen, Austausch und Begegnung werden dabei selbstverständlich mitbedacht. Kommt vorbei.
Eintritt frei oder gegen Spende. _ _ _ _
Technologie und Planwirtschaft Keine Lösung auf Knopfdruck in Sicht
mit: Barbara Eder, Samia Mohammed und Rabea Berfelde
Vorträge, Podium, Debatte Foto: Bundesarchiv
Eine zentrale Aufgabe der Linken sollte es sein, cyberphysische Innovationen über die engen Grenzen des Kapitalismus hinaus zu denken, ohne dabei in die Parolen eines Cyberutopismus zu verfallen oder sie als einfache neutrale Werkzeuge zu betrachten. Planwirtschaftliche Debatten sollten dafür ihren Fokus erweitern: Es geht nicht allein darum zu beweisen, dass man Ressourcen und Güter effizienter allokieren kann als der Markt. Naiv wäre es anzunehmen, der Übergang zum Sozialismus würde durch Fortschritte in Data Mining, vernetzten Fabriken und künstlicher Intelligenz zu einer rein technischen Frage, lösbar durch das „Umlegen eines Schalters“ in den Konzernen und Logistikzentren.
Vielmehr geht es darum, die Logik wirtschaftlicher Entscheidungsfindung grundlegend zu transformieren und neue Formen sozialer Kollaboration zu entwickeln, die bereits außerhalb der Vermittlung des Marktes existieren und funktionieren. Dabei bleibt es unerlässlich, die Komplexität und das Chaos der heutigen Welt anzuerkennen und dem Drang zur Reduktion zu widerstehen.
Eine kritische Auseinandersetzung mit der aktuellen Technologielandschaft ist unabdingbar – sowohl hinsichtlich des praktischen Nutzens dieser Technologien als auch der Frage, was es bedeutet, wenn diese Infrastruktur in privatem Besitz bleibt. Auch sollte in einer derartigen Auseinandersetzung eine Kritik der Bedürfnisse nicht umgangen werden. Die Unfähigkeit, der existenziellen Bedrohung z.B. durch den Klimawandel entschieden entgegenzutreten, offenbart erneut die Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise: Einerseits treibt sie Innovationen voran, andererseits beschränkt sie diese auf das Ziel Profitmaximierung, selbst wenn dies langfristig ihre eigene Existenzgrundlage untergräbt.
Um echte Innovation zu ermöglichen, muss unser Verständnis von Fortschritt über die bloße Steigerung von Produktivitätskennziffern hinausgehen. Die Frage nach dem „Warum“ jeder ökonomischen Entscheidung muss in einer Zukunft jenseits des Marktes eine zentrale werden. Wir wollen diskutieren, wie aktuelle Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie eine Neuausrichtung der Planwirtschaftsdebatte unterstützen können.
MIT:
Samia Zahra Mohammed ist Politische Theoretikerin und interessiert sich für sozialistische Utopien, Debatten um demokratische Planwirtschaft und Vergesellschaftung, feministische Theorie und Black Studies. Zur Zeit arbeitet sie am Graduiertenkolleg Contradiction Studies an ihrer Dissertation zur Frage einer emanzipatorischen Neubestimmung des Freiheitsbegriffs, der die ökonomischen und ökologischen Krisen unserer Zeit berücksichtigt. Foto: privat
Barbara Eder studierte Soziologie, Philosophie und Informationstechnologie. Als freie Autorin, Journalistin und Lehrbeauftragte lebt sie in Wien und Berlin. Foto: privat
Rabea Berfelde Rabea Berfelde hat am Goldsmiths College (University of London) zu Auswirkungen von Finanzmarktakteuren und digitalen Plattformen auf städtische Raumproduktion promoviert. Derzeit ist sie Research Fellow am Centre for Social Critique der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort forscht sie rund um das Konzept der Vergesellschaftung. Ihre Forschung untersucht, ob und wie vergesellschaftete Infrastrukturen eine sozial-ökologische Transformation ermöglichen könnten. Der Fokus der Betrachtung liegt dabei auf der Demokratisierung der Energiewirtschaft und dem Zugang zu ländlichen Boden.
Foto: privat
Moderation:
Mascha Neumann hat Politikwissenschaften, Volkswirtschaftslehre und Zeitgeschichte studiert. Sie hat u.a. an Ausstellungen über Marx in Frankreich und das ArbeiterInnenmilieu im Kreuzberg der Weimarer Republik mitgewirkt, Führungen gegeben und arbeitet jetzt am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam.
Foto: privat
Die Veranstaltung wird realisiert durch die:
Weitere Infos unter: https://libertalia.de/planstelle-technologie-und-planwirtschaft/
Ein Zusammentreffen von Libertalia e.V., Waschhaus Potsdam, der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg e.V. und dem Urania Planetarium Potsdam